Ein neuer Schlag gegen die Gedankenfreiheit

Viktor Orbán ist konsequent dabei, Ungarn nach seinen Vorstellungen umzubauen, hin zu einer endgültigen „illiberalen Demokratie“. Sei neuestem kümmert sich Ungarn nicht mehr um Arbeits- und Obdachlosigkeit, sondern läßt Menschen, die auf der Straße leben müssen, wegsperren.

Orbán, dessen Feindbild der ungarisch-amerikanische Millionär George Soros ist, hat durch Repressalien dafür gesorgt, daß dessen NGO „Open Society“ dieses Jahr von Budapest nach Berlin umziehen mußte. Nun wirft auch die von Soros finanzierte CEU, die Central European University, die seit mehr als 25 Jahren ihren Sitz in Budapest hat, das Handtuch. Ab dem nächsten Studienjahr wird die amerikanische Uni ihren Sitz in Wien haben. Die Entscheidung fiel, weil Orbán zunehmend die akademische Freiheit in Ungarn beschneidet. So sind „gender studies“ inzwischen verboten, Migrationsstudien werden unterdrückt, Strafsteuern wurden eingeführt.

Michael Ignatieff, der Rektor der CEU, erklärte, man werde sich die akademische Freiheit nicht nehmen lassen und habe deswegen keine andere Wahl gehabt als zu gehen. Orbán wird das freuen. Für Ungarn ist das ein weiterer Schlag, aber auch für Soros, dessen Bemühung, Liberalismus in Osteuropa zu fördern, zunehmend scheitert.

Und wieder kommt da meine Frage: Was macht die EU? Wie reagiert sie? Wie will man mit einem solchen Mitgliedstaat auf Dauer umgehen?

Der Freitag beginnt mit schlechten Nachrichten.

3 Gedanken zu „Ein neuer Schlag gegen die Gedankenfreiheit

  1. Mich beschäftigt eine Frage, die im Zusammenhang sowohl mit diesem als auch mit dem folgenden Blogeintrag zu Israels aschkenasischem Oberrabbiner Lau steht.

    Ich habe (auch) Timothy Snyder’s ausgezeichnetes Buch « The Road to Unfreedom » (« Der Weg in die Unfreiheit… ») gelesen sowie zahlreiche seiner Interviews/Vorträge online angesehen/angehört. Nach dieser Lektüre usw. ist völlig klar, dass in der EU, wie sie heute besteht, zwei politisch diamtral entgegengesetzte Welten aufeinanderstossen, so dass die Gemeinschaft beim ersten grösseren Konflikt (aktuell) daran auseinanderzubrechen droht. Auf der einen Seite steht die liberale Weltordnung einstiger (maritimer – bis auf Deutschland) Imperialmächte – und auf der anderen Seite Russlands ehemalige, erdgebundene, autoritäre Satellitenstaaten. Ich sehe nicht, dass oder wie die EU die ganz anders tickenden Visegradstaaten massregeln könnte.

    Zugleich steht Orban nicht alleine da. Es gibt andere Regierungschefs, die ebenfalls dabei sind, ihre jeweilige Gesellschaft in die « Unfreiheit » zu führen, und die Welt scheint nach dieser Unfreiheit, die eine Freiheit der Wenigen zu Lasten der Vielen ist, zu hungern. So ist der Zeitgeist, und so will es Putin. Neuer Autoritarismus mit faschistischen Tendenzen breitet sich allüberall aus. Religiöse, ethnische und andere Minderheiten sind überall die Leidtragenden.

    Der Antisemismus nimmt ebenfalls überall zu. Heute aber gibt es eine Besonderheit, denn Juden haben einen eigenen Staat, einen Zufluchtsort – der ebenfalls bedroht ist, aber immerhin : Es ist ein Zufluchtsort, und an dieser Stelle setzt nun meine Frage an, und ich kann es wirklich nicht verstehen.

    Der Autoritarismus mit seinen faschistischen Tendenzen, der weltweit wie ein tödliches Virus um sich greift, macht auch vor Israel nicht Halt. « Bibi » versteht sich bestens mit Trump, mit Orban, und der neue brasilianische Präsident Bolsonaro soll bald von « Bibi » in Israel empfangen werden… – Israel selbst ist Teil einer Bewegung vor der der jüdische Staat sich eigentlich wehrhaft schützen sollte. Israel selbst praktiziert dieses gefährliche « Us versus Them » – nicht nur gegen Asylsuchende, nicht nur gegen Palästinenser, sondern auch gegen Juden die « anders » sind – liberal, nicht religiös, …. – Die Frage, die Richard Schneider im folgenden Beitrag zu Oberrabbiner Lau aufwirft, was denn werden sollte, wenn liberale amerikanische Juden nun sehr zahlreich nach Israel einwandern würden, ist mehr als berechtigt. – Jene Juden sind sich dieser Problematik seit Jahren bewusst, aber die Religiösen sowie die politische Führung scheinen auf solche « Empfindlichkeiten » keine Rücksicht nehmen zu wollen oder zu müssen. Der Halacha treu – sind sie bereit, die Identität ihrer eigenen Brüder und Schwestern zu untergraben. Mir fehlt es an Worten, um diese blinde Rolle rückwärts zurück in so dunkle Vergangenheit greifen zu können. Es ist wohl möglich, diejenigen, die ihre Halacha so auf Leben und Tod verteidigen auf dieses Problem hinzuweisen, aber sie sind unerreichbar für Kritik, da jedes Verwässern der einzig wahren Halacha nur zum Ziel haben kann, das jüdische Volk auslöschen zu wollen. Catch-22. US-Juden, die sich einst genau wie alle Juden der Diaspora in Sicherheit wiegen konnten, weil es dank Israel keinen neuen Genozid werde geben können, sehen sich nun mit einer so unsagbaren Situation konfrontiert, da sie am einzig möglichen Zufluchtsort als Fremde, als Eindringlinge behandeln werden würden. – Ist das nicht einfach nur ein böser Traum ?

    Und doch unterstützen auch sehr viele Juden der Diaspora jeder couleur die jeweilige populistische Bewegung ihres Landes. Bolsonaro ist fremdenfeindlich, aber pro-Israel. Trump ist fremdenfeindlich, aber pro-Israel… – Werden jene politischen Führer alle und auch weiterhin antisemitische Übergriffe nur mit einem Achselzucken quittieren und grosszügig Israel und den Zionismus (im Sinne Hitlers ??) unterstützen ? – Und am Ende ist es einerlei, ob Juden nun für die Populisten sind oder gegen sie, denn in einem Klima allgemeiner Fremdenfeindlichkeit, nimmt immer auch der Antisemitismus zu, von wem auch immer er konkret ausgehen mag. Am Ende wird der Antisemitismus immer mehr Juden nach Israel ~treiben. Die Evangelikalen werden sich über dieses Zeichen der Endzeit freuen, und religiöse Juden « am Dritten Tempel » bauen in Erwartung des Messias, jedoch ohne die Juden zweiter Klasse, die nicht daran glauben. – Ist dies die Zukunft, auf die wir zusteuern ?

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