Na großartig… Annexion des Jordantals! Es ist Wahlkampf und nun müssen wieder große Töne gespuckt werden. Netanyahu hat es ja schon vor der letzten Wahl gesagt, nun zieht Benny Gantz, sein Herausforderer nach: Man werde auf alle Fälle das Jordantal annektieren. Mein Freund, der großartige Journalist Anshel Pfeffer, hat bereits vor zwei Tagen in „Haaretz“ einen Artikel veröffentlicht, daß Benny Gantz in diesem Wahlkampf ganz weit nach rechts schwenken wird, um diejenigen Wähler „abzuholen“, die Netanyahu einfach nicht mehr wählen können, weil der Mann kaum noch demokratische Regeln einhält und unter Anklage steht.
Annexion – schon vergessen…
Keiner weiß, ob nach den Wahlen (wenn’s denn jetzt endlich mal die letzten für ein paar Jahre wären…) auch das geschieht, was man so im Wahlkampf alles sagt. Das kennen wir ja von Politikern aller Länder und jeglicher Couleur. Viel gesagt, nachher ist alles anders und man „erinnert“ sich nicht mehr, was man so versprochen hat.
Iran – Irak – Jordanien, rein ins Westjordanland
Warum man das Jordantal annektieren will? Es ist in der Tat zunächst einmal eine Frage der israelischen Sicherheit. Wer sich die Landkarte mal anschaut wird sehen: Der Weg führt von Iran über Irak und Jordanien hinein ins Westjordanland. Israel hat immer darauf bestanden, im Fall der Existenz eines Palästinenserstaates dessen Ostgrenze am Jordan mit zu kontrollieren, damit keine Jihadisten und Waffen etc. eingeschleust werden können. Mit der wachsenden Macht Irans ist diese Bedürfnis, im äußersten Osten aufzupassen größer denn je. Aber so einfach ist das nicht. Und darum sind alle bisherigen Annexionsankündigungen immer nur Lippenbekenntnisse gewesen.
Der e i n e Staat
Wird das auch diesmal so sein? Unter normalen Umständen würde ich sagen: liebe Freunde, beruhigt euch, Israel wird das Jordantal nicht annektieren, viel Lärm um nichts. Denn eine solche Annexion birgt zwei Gefahren in sich: Es wäre das absolute Ende eines (eventuellen) Palästinenserstaats. Was die Palästinenser dann machen würden? Eine neue Intifada, vielleicht? Vielleicht. Aber es könnte natürlich auch etwas anderes geschehen, was vor allem intellektuelle Palästinenser schon lange fordern: Lasst uns für den e i n e n Staat für zwei Völker sein. Ok, kein Palästinenserstaat. Nur Israel. Aber dann wollen wir in diesem Staat die gleiche Rechte haben, Bürger werden, wählen dürfen. Und das hieße natürlich: irgendwann sind die Palästinenser die Mehrheit, das war’s dann mit dem jüdischen Staat. Ausgerechnet diejenigen israelischen Politiker, die so super national denken und agieren, wären dann diejenigen, die den jüdischen Staat zerstört und beerdigt hätten. Ist das nicht eine „tolle“ Aussicht?!
Das Aus mit Jordanien
Und die zweite Gefahr: wenn Israel das Jordantal annektieren würde, wäre das wohl auch das Ende des Friedensvertrages mit Jordanien, dem arabischen Land, mit dem man die längste Grenze hat. Schon jetzt knistert es verdächtig in dem angespannten Verhältnis zwischen den beiden Staaten. Eine Annexion wäre wohl das Aus, da könnte auch der haschemitische König nicht mehr über den „Volkszorn“ hinwegsehen im eigenen Land.
Und dann noch: das Weiße Haus
Wie gesagt, unter normalen Umständen würde ich sagen: Kinder, geschenkt. Die Politiker quatschen. Keine Chance, daß sie das auch umsetzen werden können. Aber, das ganz große ABER: Im Weißen Haus sitzt ein Mann, der Israel das womöglich „erlauben“ wird. Dessen „Friedensplan“ – den immer noch keiner öffentlich kennt – eventuell sogar eine solche Annexion vorsieht… Und dann was? Was geschähe, wenn eine neue israelische Regierung sich dann tatsächlich das Jordantal einverleibt?
Man mag sich das gar nicht ausmalen. Aber es wäre das Ende Israels, wie wir es bislang kennen. Um es mal ganz vorsichtig zu sagen. Insofern kann man nur hoffen, daß Benny Gantz nur die Werbetrommel als rechter Hardliner für sich rührt, um zu gewinnen. Bei Bibi allerdings… naja.. auch abwarten. Bangend, zitternd…
3 Gedanken zu „Annexion des Jordantals?“
Warum sollte die Einstaatenlösung Israel zerstören? Ich war schon immer ein Anhänger des kantonalen Staates. Die Kantone können über ihre Angelegenheiten weitgehend selbst entscheiden und es gibt eine Föderalregierung. Beispiele, wo das funktionieren kann: Schweiz, Belgien (dort ist allerdings immer noch nicht alles ausdiskutiert) und nicht zuletzt die USA. Zumindest darüber nachdenken sollte man. Natürlich werden die Palästinenser mit ihrem deutlich kleineren Kanton (oder mit zwei, wenn man Gaza extra betrachtet) nicht zufrieden sein. Wenn die Juden damals klein beigegeben hätten, wäre es nicht einmal zur Gründung des Staates Israel gekommen. Insofern entspricht die Einstaatenlösung sehr wohl dem Geist Ben Gurions.
Dafür plädiert auch Wolffsohn in „Zum Weltfrieden“.
Aehnlich Aegypten, das bei dem Friedensschluss mit Israel um keinen Preis die paar Quadratmeter „Taba“ aufgeben wollte aber keinerlei Interesse am Gaza-Streifen zeigte – der ja ein Teil Aegyptens war/ist – , schrieb Jordanien die Westbank ab. Dabei schafften sie quasi ein Niemandsland, das der Israelische Siedlerbewegung gerade in ihr Zukunftsschema passte. Einen Palestinenserstaat hat es noch nie gegeben und es ist fraglich ob es ihn je geben wird. Barak haette es anfang des Jahrtausends fast geschafft, den Gordischen Knoten zu loesen, aber da bekam Arafat kalte Fuesse und gab das Signal zur zweiten Intefada.
Wie der einseitige Abzug aus dem Gaza Streifen und das darauffogende Hamasregime zeigen, ist es fraglich ob es ueberhaupt einen Friedensprozess geben kann. Aber man sagt ja: „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“