Die israelischen Wahlen am 9. April könnte man sich eigentlich sparen. Bibi wird wohl – so sind alle überzeugt und die Umfragen sagen dasselbe – der alte und neue Premier Israels sein. Jeder weiß, warum er die Wahlen nun vorgezogen hat: Um eine drohende Anklage wg. Betrugs, Bestechung, Korruption in mindestens zwei Fällen für den Moment zu verhindern. Netanyahus Kalkül: Generalstaatsanwalt Mandelblit wird wohl kaum eine Anklage im laufenden Wahlkampf verkünden, das könnte ihm den Vorwurf der Einflussnahme einbringen.
Ein Premier unter Anklage?
Aber was bedeutet das dann wirklich? Die Anklage dürfte so oder so kommen, das hört man aus dem Büro der Staatsanwaltschaft deutlich. Angeblich hat Bibi angekündigt, daß er auch im Falle einer Anklage nicht zurücktreten wird. De iure kann er das. Aber de facto? Werden die dann neuen Koalitionspartner zu ihm halten oder sich lieber absetzen von einem Premier, der möglicherweise bald ein Verurteilter werden könnte?
Der „Joker“
Im Zweifelsfall könnte das dann heißen: Erneut Wahlen 2020. Bis dahin dürfte sich nichts ändern. Und nachdem nun der „Joker“, Benny Gantz, die Gründung einer neuen Partei angekündigt hat, die auch irgendwo in der „Mitte“ stehen soll und eventuell mit der neuen Partei des ehemaligen Verteidigungsministers Moshe Bogie Yaalon zusammen antreten wird, ist nicht zu erwarten, daß Bibi ernsthaft gefährdet werden könnte, wie alle gehofft hatten, falls sich Gantz, der ehemalige Generalstabschef der israelischen Armee, mit Yair Lapid und dessen „Yesh Atid“ Partei (ebenfalls irgendwo in der „Mitte“) zusammengetan hätte.
Mit der „Zionist Union“ (irgendwo in der „Mitte“), dem Bündnis der glücklosen Arbeitspartei des Avi Gabbay und der Minipartei des einstigen Darlings der europäischen Linksliberalen, Zippi Livni, hätte Gantz gewiß keinen Blumentopf gewinnen können gegen Bibi. Die Umfragen sahen dies nur mit Lapid als minimale Chance an.
Nüchterner, pragmatischer als Netanyahu?
Egal – Es wird interessant sein zu sehen, wer Gantz ist und wofür er steht. Als „RamatKal“, als Chef der Armee, arbeitete er mit Bibi eng zusammen. In zwei Kriegen gegen die Hamas, 2012 und 2014, bewiesen beide Männer, daß sie keine Extremisten sind. Doch beim Thema Iran schieden sich die Geister. Gantz nahm eine ganz andere Position ein als Netanyahu. Er ist pragmatischer, nüchterner, nicht ganz so „kriegslüstern“ gegenüber Teheran, wie Netanyahu. Zumindest war das während seiner Zeit als General so.
Und nun? Niemand weiß, was Gantz denkt und was er will. Darum hat er im Augenblick laut Umfragen große Chancen, weit zu kommen. Die anderen kennt man – und weiß, was man von ihnen zu halten hat. Oder auch nicht.
Es ist so gut wie ausgeschlossen, daß irgendjemand Bibi im Augenblick ersetzen kann. Aber Gantz könnte sich eventuell eine gute Ausgangsposition für die nächsten Wahlen erarbeiten.
Und dann war da noch…
Ach ja. Und dann ist da noch Ehud Barak. Ehemaliger Premier, Verteidigungsminister, Generalstabschef. Auch er erwägt eine Rückkehr in die Politik. Aber nur dann, wenn er eine echte Chance sieht, Bibi zu besiegen.
Der Wahlausgang dürfte klar sein. Aber wer sich eventuell zu einem ernsten Gegner der israelischen Rechten um Netanyahu entwickeln könnte, das darf man mit einiger Spannung beobachten. Denn soviel ist klar: Die Nach-Bibi-Zeit, sie beginnt 2019.