Seit Jahren gilt Lucy Aharish als Darling der israelischen Kulturschickeria. Sie gehört zu den wenigen arabischen Israelis, die mitten in der Tel Aviver Gesellschaft angekommen sind. Sie ist eine überaus bekannte TV-Moderatorin, die stolz erklärt, daß sie eine überzeugte Israelin ist und gleichzeitig keinerlei Geheimnis daraus macht, daß sie Palästinenserin ist. So jemanden lieben die Medien und die Linken, weil sie ein „Beweis“ ist, daß palästinensische Israelis gleichberechtigt in Israel existieren können. Die Sängerin Mira Awad, der Schriftsteller und Moderator Ayman Sickseck, der Schriftsteller Sayed Kashua, die Filmregisseurin Ibtisam Ma’arana sind andere Beispiele „gelungener Integration“, selbst wenn Kashua in die USA gezogen ist – er schreibt weiterhin für „Haaretz“, z.B. – und auf Hebräisch.
Eine „Terroristin“, die die „Islamisierung“ Israels betreibt
Nun aber hat Lucy Aharish etwas gemacht, was einigen Rechten mehr als sauer aufstößt: Sie hat den israelisch-jüdischen Schauspieler Tzachi Halevy („Fauda“) geheiratet. Wow! Was für ein Skandal. Für einige zumindest. Allen voran Oren Hazan von der Likud-Partei, der – bitte verzeihen Sie mir – selbst in eigenen Reihen als A…. angesehen und schon zu den höchsten Disziplinarstrafen, die die Knesset vergeben kann, verurteilt wurde. Hazan hat nun Aharish des „Terrorismus“ beschuldigt, sie versuche mit der Ehelichung eines Juden Israel zu „islamisieren“ – und so geht es immerzu weiter. Auch Arye Deri, der Führer der orthodoxen Shas-Partei, hat sich negativ geäußert, ausgerechnet er, der wegen Korruption im Gefängnis saß. Die Liste ist nicht sehr lang, aber sie ist prominent.
Aharish und Halevy sind seit vier Jahren ein Paar, aber haben das geheim gehalten. Mit gutem Grund, wie sich nun zeigt. Eine arabisch-jüdische Liebesbeziehung ist in Israel wahrlich nicht einfach zu leben. Nicht nur Juden, auch Araber finden das gar nicht toll.
Netanyahu schweigt
Im Falle von Aharish und Halevy war die Empörung über die rassistischen Äußerungen von Politiker wie Hazan u.a. groß. Interessant – oder besser: traurig – ist, daß Netanyahu sich schlicht nicht äußerte. Er hätte immerhin den Mund aufmachen können und so etwas Banales sagen können wie: das ist eine Privatangelegenheit, das geht niemanden etwas an, wen man liebt und wen man heiratet. Aber nö. Schweigen ist Gold – dachte Netanyahu, der seine Wählerschaft nicht aufregen will. Aber bitter ist es eben doch. Denn tatsächlich ist Netanyahu durch und durch säkular und ich bin mir sehr sicher, daß ihm das herzlich egal ist, ob die beiden nun geheiratet haben oder nicht. Aber als Taktiker, der sich bald wieder zur Wahl stellen wird, sagt er lieber nichts, um die Stimmen der Ultrarechten zu bekommen.
Zunehmende Akkulturation
Lucy Aharish war übrigens eine der prominenten arabischen Stimmen, die sich mit Videospots gegen das neue Nationalstaat-Gesetz stellten. Und dabei stets betonte, daß sie ein loyale Israelin ist. Tatsächlich – auch wenn die Rechte versucht, mit immer neuen Gesetzen das Gegenteil zu erreichen – hat eine Akkulturation der arabischen Israelis schon vor langer Zeit begonnen. Ibtisam Ma’arana kenne ich zum Beispiel seit vielen Jahren. Ich erinnere mich noch, wie sie einmal einen palästinensischen Freund hatte. Einen aus den besetzten Gebieten. Irgendwann erzählte sie mir, sie habe sich von ihm wieder getrennt, er sei „so palästinensisch“. Denn tatsächlich werden vor allem die jungen arabischen Israelis den jüdischen Israelis immer ähnlicher, die kulturellen Unterschiede zu den Palästinensern in den Autonomiegebieten wachsen.
Anders als Anton Shammas
Im Augenblick kann man Lucy und Tzachi erst mal nur Mazal Tov und Mabrouk wünschen. Wie es ihren Kindern in Israel ergehen wird? Der arabisch-israelische Schriftsteller Anton Shammas, der mit einer jüdischen Israelin verheiratet ist, hat vor langer Zeit die Konsequenzen gezogen: Seine Frau und er sind vor knapp 30 Jahren in die USA gegangen und leben dort. Ich glaube nicht, daß das frisch verheiratete Paar dies auch vorhat. Die beiden werden das Terrain den Rassisten von Rechts nicht so ohne weiteres überlassen.
7 Gedanken zu „Lucy Aharish und Tzachi Halevy“
Die Kommentare von MK Hazan ( und in ähnlichen Fällen) von Frau Regev hören sich, übersetzt in deutsch wie die Rassengesetze der Nazis an.
Das Schlimme ist, dass sich öffentlich fast nur sog. Linke erregen. von den Zentristen und Rechten ist nichts zu hören. Auch das sog. Volk schweigt.
Eine große Schande, was sich in dieser Hinsicht in Israel abspielt.
Minister Erdan mit seiner Gedankenkontrolle in Sachen Frau Elkassem, eine US-Amerikanerin mit (mein Lieblingswort) palästinensischen Wurzeln, die bei BDS tätig ist (oder war), jedoch ein Visum zum Studium in Israel erhalten hat.
Auch hier sind sogar die nicht betroffenen Unis sehr abwartend und kleinlaut
Jason Stanley beschreibt in seinem Buch « How Does Fascism Work » die « 10 Säulen » des Faschismus (= die zehn Kapitel seines Buches) : Mythos Vergangenheit – Anti-Intellektualismus – Propaganda – Hierarchie – Unwirklichkeit – Recht & Ordnung – Sexuelles Unbehagen – Sodom & Gomorrha – Opferrolle – Arbeit macht frei. – Jeder kann sich unter diesen Überschriften ungefähr vorstellen, was gemeint ist.
Jemand, der sich in zwei oder drei dieser zehn Kriterien wiederfindet, ist noch kein Faschist. Jeder ist oder befürwortet ein bisschen dieses, ein bisschen jenes. Je mehr dieser Kriterien jedoch erfüllt werden, desto alarmierender ist es. Meinem Verständnis nach erfüllt der amerikanische Präsident heute alle genannten Kriterien – sowie auch das orthodoxe Judentum, so, wie ich es kennengelernt habe (der Islam sicher auch).
Es überrascht nicht, dass die Kommentare von MK Hazan (oder Miri Regev, Arye Deri u.a.) sich anhören « wie die Rassengesetze der Nazis » (Jacob S). Hannah Arendt hat bereits darauf hingewiesen, dass sie das jüdische Religionsgesetz spiegelten. – Tja, eine kleine ethnische, vor allem aber religiöse Glaubensgemeinschaft im Exil *muss* sich ja nach aussen abgrenzen, um sich selbst – und in diesem Fall die Überlieferung von Talmud und Thora – erhalten zu können… – Bis wohin aber sind das Anderssein und die Abgrenzeung zu begrüssen, und ab wann kehrt sich das Gute, um dessen Erhalt gekämpft wird, ins Gegenteil um ?
Die Menschen, die da im Kampf stehen, sind blind ; sie können das Paradox, dieses Problem, gar nicht wahrnehmen. Blind und verblendet ist der Faschismus, der ein Fanatismus ist, aber das Herz sieht. Die Liebe, deren säkulare « Gesetzlosigkeit » verteufelt wird, macht durchlässig, offen und schiebt die Grenzen nach aussen. Mehr davon !
Sehr guter Artikel! Nur geht dabei unter, dass der Druck der arabischen Gesellschaft dem der jüdischen in keinster Weise nachsteht, mit oft schlimmeren Konsequenzen. Lucy Aharish hat beispielsweise verdeckte Morddrohungen ihrer eigenen Familie bekommen – Cousins haben angedeutet, dass sie die „Familienehre“ beschmutze (es wurden leider nicht wenige muslimische Frauen im ganzen Nahen Osten, einschließlich Israels, wegen „Familienehre“ ermordet, meist von eigenen Verwandten). Vergleichsweise ist ein Facebook-Post von Oren Hazan & Co eine harmlose Angelegenheit.
Was ist der Sinn dieses Vergleiches? Soll er die Reaktionen von Hazan & Co. relativieren, abschwächen? Die Reaktionen aus arabischen Reihen, so drastisch sie auch sein mögen, sind ein Problem der arabischen Bevölkerung. Wenn wir von Hazan & Co und der Stimmung in der israelischen Gesellschaft sprechen, reden wir von den jüdischen Israelis. Das sind zwei Paar Schuhe, und die Schande und faschistische Tendenz in der israelisch-jüdischen politischen, religiösen und auch allgemeinen Gemeinschaft wird durch Lucys durchgedrehte arabische Cousins weder harmloser noch moralischer.
Eine interreligiöse Hochzeit hatte 2014 im Lande für einiges an Aufsehen gesorgt – und dies wurde auch in den Medien diskutiert. Es gibt natürlich noch viele weitere Beispiele. Bereits anhand dieses zweiminütigen Clips wird deutlich, wie tief die Spaltung im Lande zwischen Säkular-Liberalen und National-Religiösen im Lande inzwischen geworden ist. Und wie als bedrohliche Prophezeiung in Richtung einer komplett veränderten staatlichen Verfasstheit der (noch) einzigen Demokratie im Nahen Osten mutet das sehr klare Statement eines national-religiösen Demonstranten (ab Minute 1:37 im ersten Link) an. Mit dem israelischen Nationalstaatsgesetz hat diese Fraktion wohl nun einen entscheidenden Teilsieg errungen…
https://www.youtube.com/watch?v=7bk1uv-LglQ
https://www.youtube.com/watch?v=Hs5yYFOvt9E (AFP-Beitrag)
Warum sind die USA, die doch nicht nur die Israelis so sehr bewundern, so erfolgreich? Sind sie das, weil ein kleiner Stamm von Indianern unter sich geblieben ist? Oder doch wohl eher, weil alle Völker dieser Welt dort zusammen gekommen sind und eine lebendige Mischung der Völker hervorgebracht haben? Kulturell, wie genetisch sind immer die Nationen am innovativsten und erfolgreichsten gewesen, die einen Schmelztiegel der Völker bildeten. Das gilt für die antiken Hochkulturen Mesopotamiens und Ägyptens, wie für die persischen, griechischen und römischen Großreiche, sowie dem islamischen Reich im Mittelalter und heute eben solchen Staaten wie den USA.
Vom genetischen Standpunkt aus, war die Ideologie der Inzucht schon immer Blödsinn. Das zeigt sich etwa an unseren Haustieren, die so ingezüchtet sind, dass etwa Genetiker von Hunden lernen können, welche Gene für bestimmte Krankheiten relevant sind. Jede Hunderasse ist nämlich wegen der intensiven Inzucht für bestimmte Erbkrankheiten besonders anfällig. Gleiches gilt etwa für Adelige oder geographisch besonders isolierte Populationen, wie die skandinavischen Völker oder extrem religiöse Gruppen, die nur untereinander heiraten, wie die Amish People, die Menoniten und die Hutteriten in den USA, sowie auch manchen streng religiösen jüdischen Gruppen. Auch von ihnen lernen Genetiker viel über Erbrkankheiten, weil ihnen die genetische Vielfalt fehlt.
Umgekehrt sind Kinder von Eltern, die weniger nahe miteinander verwandt sind größer und intelligenter. Das hat eine Studie mit 354,224 Probanden ergeben. Auf diesem Effekt beruht auch die Tatsache, dass seit die Menschheit sich aufgrund der erleichterten Migration in der modernen Welt mehr vermischt, die Menschen größer und auch schlauer geworden sind. Diverse parental genes lead to taller, smarter children, finds extensive study: https://www.theguardian.com/science/commentisfree/2015/may/24/business-genetic-ancestry-charlemagne-adam-rutherford
Und genau deshalb ist Donald Trump auch der unamerikanischste Präsident, den die USA je hatte, denn er ist sich gar nicht bewusst, was die Stärke der USA eigentlich ausmacht.
Auch sekulaere Juden stehen Mischehen sehr kritisch Gegenueber. Wie viele Juden gibt es schon, die sagen wuerden, dass ihnen egal ist, wem ihre Kinder heiraten. Sind die Juden deswegen Rassisten? Ist das Judentum deswegen rassistisch?
Natuerlich hat jeder Mensch das Recht seinen Partner selbst auszusuchen. Deswegen gehoeren alle Kommentare dazu eindeutig zu den Klatschmeldungen. Und wieso sollte sich der Premierminister zur solchen Meldungen aeussern? Ich haette mich gewundert, wenn er das getan haette.