Deutschland vermittelt

Sie kam, sah – und war wieder weg. Etwas mehr als 24 Stunden verbrachte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Jerusalem, um die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen zusammen mit PM Netanyahu abzuhalten und zu leiten.

Ohne Erwartungen

Wer erwartet hatte, daß sie sich z.B. zum geplanten Abriss eines Beduinendorfes im Westjordanland äußert, sah sich enttäuscht. Da kam nicht wirklich etwas, obwohl die EU eine klare Haltung dazu bezogen hat: Sie ist strikt dagegen und verurteilt die israelische Regierung und will vor allem, daß Jerusalem die Entscheidung revidiert.

Stattdessen viel Gesprächs- und Kooperationsansätze im Hightech-, Greentech- etc. -bereich. Man arbeitet zusammen, braucht sich. Ein bißchen Geplänkel zum Thema Iran – da könnten Netanyahu und Merkel nicht gegensätzlicher sein, aber auch da fand man vor der Presse eine „Klammer“, die „Einigkeit“ vortäuschen sollte: Man wolle dasselbe Ergebnis (einen Iran, der keine Atomwaffen hat), ist sich aber über den Weg dahin uneinig. Nun ja…

Deutschland vermittelt, Sinwar gibt Interview

Interessanter – aber nicht ganz überraschend: Die Tatsache, daß Deutschland im Hintergrund versucht, zwischen der Hamas und Gaza und Israel zu vermitteln. Seit geraumer Zeit finden Gespräch über einen Waffenstillstand statt, doch irgendwie kommt man nicht so recht voran. Die Deutschen helfen also im Hintergrund aus, wie sie das schon in der Vergangenheit immer wieder erfolgreich getan haben, so etwa bei dem Deal des Gefangenaustausches, bei dem der israelische Soldat Gilad Shalit für 1000 palästinensische Gefangene von der Hamas nach jahrelanger Geiselhaft freigelassen wurde.

Man kann nur hoffen, daß Deutschland auch diesmal erfolgreich vermitteln kann. Einen Krieg bräuchten beide Seiten im Augenblick wirklich nicht. Zwar hat der neue Hamas-Führer Yahia Sinwar in einem Interview für die „Reppublica“ und „Yedioth“ erklärt, die Hamas wolle keinen Krieg, doch das muss im Endeffekt nichts heißen. Schnell kann die Lage kippen, durch Fehleinschätzungen auf beiden Seiten oder durch eine palästinensische Rakete, die israelische Kinder trifft – oder umgekehrt. Und im Zweifelsfall wird die Hamas immer den gewaltsamen Konflikt suchen, um von den Problemen in Gaza abzulenken, respektive die Welt darauf aufmerksam machen zu wollen.

Alles wieder „normal“ in Israel

Ansonsten beginnt hier in Israel das „normale“ Leben wieder: die jüdischen Feiertage sind vorbei, die Menschen sind zurück aus dem Urlaub, die Knesset beginnt bald wieder mit ihren Sitzungen und heute wird Netanyahu zum 12. Mal wg. diverser mutmaßlicher Korruptionsaffären von der Polizei in seinem Amtssitz verhört (wäre bei Erdogan und Putin und Orbán undenkbar – nur als kleiner Hinweis für die (noch) Unterschiede im politischen System). Was dabei rauskommen wird, weiß niemand. Wenn Netanyahu Neuwahlen vorziehen wird – also statt November 19 schon im Frühjahr – dann dürfte ihm zumindest bis zur Wahl nichts mehr passieren. So schnell wird der Generalstaatsanwalt wohl keine Anklage erheben – wenn er sie denn erheben will, woran viele in Israel zweifeln, da man in ihm einen Lakaien Bibis sieht.

Sie sehen: Alles wie immer. Abgesehen davon ist es immer noch brütend heiß, die Menschen gehen zum Wochenende an den Strand, in „Haaretz“ hat Charlotte Knobloch einen Artikel über die AfD und Deutschland veröffentlicht („Richard, ist es wirklich so schlimm, wie sie schreibt?“ „Ja, ist es und eigentlich noch schlimmer“, „Na, dann ist ja gut, daß wir hier sind und nicht in Deutschland.  Aber meine Kinder leben dort. Sind ganz begeistert von Berlin. Werden wahrscheinlich dort bleiben. Oder soll ich sie zurückholen?“ „Kann ich dir nicht sagen, muß jeder für sich wissen“ „Hm. Wo soll man denn noch hin? Hier ist schlimm, in Deutschland ist es schlimm, in den USA… Was bleibt noch?“ „Mikronesien?“ „Nee… lieber Neuseeland, obwohl die antizionistisch sind. Ist wenigstens schön dort. Ja. Neuseeland. Gute Idee.“ „Aha.“), die Kaffeehäuser sind voll.

Also – happy Weekend an alle

6 Gedanken zu „Deutschland vermittelt

  1. „… meine Kinder leben dort. Sie sind ganz begeistert von Berlin. Werden wahrscheinlich dort bleiben. Oder soll ich sie zurückholen?“ – Die (wahrscheinlich erwachsenen..) Kinder ihrer Begeisterung entreissen, weil sie nicht verstehen wollen, wie schlimm alles ist und wie schlecht es ihnen gehen – sollte? – … soll ich sie zurückholen? – Sie vom Spielplatz holen, um sie vor den „bösen Buben“ zu schützen… ist vorbei. Wenn, dann werden sie von alleine wiederkommen.

  2. Was Sinwar sagt ist noch lange nicht das was er denkt. Die Hamas ist noch mit den Vorbereitungen für den nächsten „Sieg“ beschäftigt, deshalb will man (jetzt) keinen Krieg.

  3. Mal ganz nüchtern: Die AfD liegt nach wie vor unter 20% und die extreme Rechte in Deutschland ist immer noch wesentlich harmloser als die islamistischen Terroristen. Und selbst die Gefahr durch die Terroristen wird massiv überschätzt. Es ist bei weitem gefährlicher am Straßenverkehr teilzunehmen. Letztes Jahr kamen rund 3200 Menschen durch einen Verkehrsunfall ums Leben.
    http://scimondo.de/7695/vorsicht-statistik-das-spiel-mit-der-angst/
    Mal ganz zu schweigen von dem „Oktoberfestkiller“ Alkohol, dem jedes Jahr in Deutschland 74.000 Menschen zum Opfer fallen. https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2015-05/drogenbericht-dhs-drogen-konsum-deutschland
    Soviel zu unserer verzerrten Wahrnehmung von Gefahren. Oder wie es Yuval Noah Harari in seinem Buch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ auf den Punkt brachte. In der heutigen Welt müssen wir uns am meisten vor uns selbst fürchten, weil alle anderen Todesursachen vernachlässigbar geworden sind.

    1. Es scheint sich um ein Paradoxon zu handeln. Statistisch gesehen müssen wir uns am meisten vor uns selbst fürchten, ja. Wir wissen, dass wir alle sterben müssen, aber wenn wir Tod oder auch nur Verletzung durch Vorsatz, durch den bösen Willen und Argwohn eines anderes beigebracht bekommen, dann handelt es sich nicht nur um die Erfahrung von Verletzung und Tod wie bei einem Verkehrsunfall, bei Krankheit oder Alkoholismus. Es ist diese der Tat zugrunde liegende Böswilligkeit, die so viel schwerer zu ertragen ist als Schicksalsschläge durch Naturkatastrophe, Unfall oder Krankheit. Das soll Künstliche Intelligenz erst einmal kapieren !

      Wir wollen vertrauen und an das Gute glauben. Ein saudischer Journalist will in der eigenen Botschaft « nach Hause » kommen und nicht von einem Killerkommando empfangen werden. Ich will mich als Fussgänger im Strassenverkehr sicher fühlen, weil mir niemand absichtlich über die Füsse fährt. Wir wollen unseren Familienangehörigen, den Nachbarn, Freunden und Kollegen, Ärzten, Lehrern, Geistlichen.. vertrauen, und es ist immer schlimm, wenn dieses Vertrauen enttäuscht wird und am schlimmsten, wenn wir auf die Mordabsichten eines anderen stossen. Konkrete Mordabsichten finden wir im Islamismus und unter Rechtsradikalen. Die AfD ruft nicht zum Mord auf, aber sie echot nun einmal die Geschichte und zeigt sich tolerant gegenüber jenen, die das anders sehen. Der Kultivierung von Feindbildern folgt irgendwann – immer – Mord. Wenn Boshaftigkeit, wenn das Böse, das im Herzen eines jeden irgendwo schlummert, mit einem Mal (wieder) schick und angesagt ist, dann sprengt das Risiko alle statistischen Wahrscheinlichkeiten. Und wenn der Beweis, einmal wieder, dafür erbracht wurde, wird es bereits zu spät sein, um das grösste Unheil abzuwenden, so, wie all die Male zuvor.

  4. Es scheint sich um ein Paradoxon zu handeln. Statistisch gesehen müssen wir uns am meisten vor uns selbst fürchten, ja. Wir wissen, dass wir alle sterben müssen, aber wenn wir Tod oder auch nur Verletzung durch Vorsatz, durch den bösen Willen und Argwohn eines anderes beigebracht bekommen, dann handelt es sich nicht nur um die Erfahrung von Verletzung und Tod wie bei einem Verkehrsunfall, bei Krankheit oder Alkoholismus. Es ist diese der Tat zugrunde liegende Böswilligkeit, die so viel schwerer zu ertragen ist als Schicksalsschläge durch Naturkatastrophe, Unfall oder Krankheit. Das soll Künstliche Intelligenz erst einmal kapieren !

    Wir wollen vertrauen und an das Gute glauben. Ein saudischer Journalist will in der eigenen Botschaft « nach Hause » kommen und nicht von einem Killerkommando empfangen werden. Ich will mich als Fussgänger im Strassenverkehr sicher fühlen, weil mir niemand absichtlich über die Füsse fährt. Wir wollen unseren Familienangehörigen, den Nachbarn, Freunden und Kollegen, Ärzten, Lehrern, Geistlichen.. vertrauen, und es ist immer schlimm, wenn dieses Vertrauen enttäuscht wird und am schlimmsten, wenn wir auf die Mordabsichten eines anderen stossen. Konkrete Mordabsichten finden wir im Islamismus und unter Rechtsradikalen. Die AfD ruft nicht zum Mord auf, aber sie echot nun einmal die Geschichte und zeigt sich tolerant gegenüber jenen, die das anders sehen. Der Kultivierung von Feindbildern folgt irgendwann – immer – Mord. Wenn Boshaftigkeit, wenn das Böse, das im Herzen eines jeden irgendwo schlummert, mit einem Mal (wieder) schick und angesagt ist, dann sprengt das Risiko alle statistischen Wahrscheinlichkeiten. Und wenn der Beweis, einmal wieder, dafür erbracht wurde, wird es bereits zu spät sein, um das grösste Unheil abzuwenden, so, wie all die Male zuvor.

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