Billboard

Es hat schon etwas schwer Erträgliches, auf riesigen Billboards in Tel Aviv und anderswo die aktuelle Wahlkampagne von Benjamin Netanyahu zu sehen. Da sieht man ihn und Donald Trump, händeschüttelnd. Beide gleich groß, obwohl Trump in Wirklichkeit größer ist als Bibi.

Die Demokraten haben nicht vergessen

In wohl keinem anderen Land wird Trump so hoch geschätzt wie in Israel. Zumindest bei der israelischen Rechten. Sich in diese politische Abhängigkeit zu begeben, wird Israel bitter bezahlen. Bereits jetzt ist Israel nicht mehr so eindeutig ein „bi-partisan issue“ in den USA wie früher. Die Demokraten haben nicht vergessen, wie Bibi mit ihrem Präsidenten Obama umgesprungen ist. Sie haben nicht vergessen, daß sich Bibi immer sehr eindeutig für republikanische Präsidentschaftskandidaten ausgesprochen hat, sie haben nicht vergessen, wie Bibi in den Kongress kam, um dort gegen Obamas Nuklear-Deal mit dem Iran zu wettern. Er war auf Einladung der Republikaner gekommen, eine Einladung, von der Obama lange nichts gewußt hatte, da sie hinter seinem Rücken ausgesprochen wurde.

Anti-BDS

Wir sehen bereits jetzt, daß neue demokratische Kongressabgeordnete wie Rashida Tlaib und Ilhan Omar die BDS-Bewegung unterstützen, Israel mit dem Iran vergleichen oder die Ein-Staaten-Lösung und damit das Ende Israels fordern. Das mag innerhalb der Demokratischen Partei noch eine Extremposition sein, aber schon jetzt wird deutlich, daß die Demokraten darüber nachdenken, wie die Unterstützung für Israel in Zukunft ausschauen soll. Bei einer Abstimmung über eine Anti-BDS Gesetzesvorlage im Senat, hat die Hälfte der Demokraten sich dagegen ausgesprochen, um die Meinungs- und Redefreiheit in den USA nicht zu beschädigen. Tatsächlich sind das erste Vorboten, wie sich die Stimmung im liberal-linken Lager in den USA zu verändern beginnt.

Pragmatismus und Realpolitik?

Netanyahu betreibt in Sachen „bi-partisan issue“ eine Politik der verbrannten Erde. Israel wird den Preis dafür bezahlen, wenn er schon längst nicht mehr im Amt sein wird. Oder doch nicht? Kann es sein, daß wir tatsächlich einen Niedergang des Liberalismus erleben, von dem sich auch die Demokraten in den USA nicht mehr erholen werden, zumindest nicht auf Jahre? Kann es sein, daß Netanyahu da ein Stück Pragmatismus und Realpolitik in seinem Sinne betreibt und er am Ende Recht behält, so wie es ihm mit seinen fragwürdigen neuen Freunden in den Visegrad-Staaten gelungen ist, die EU auszutricksen und impotent zu machen, wenn es um den palästinensisch-israelischen Konflikt geht?

Politisches Genie?

Ist also, mit anderen Worte, Netanyahu ein politisches Genie oder der Mann, der Israels Ansehen endgültig in den Orkus befördert? Das wird nur die Zukunft beantworten können. Die Frage ist nur: Selbst wenn sich Netanyahu als Visionär erweisen sollte – will man, daß die Welt, die das dann so bestätigen würde, so aussieht wie er und seine Brüder im Geiste sich das vorstellen? Oder stellt sich diese Frage dann einfach nicht mehr?

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