Neil Simon

Kennen Sie „Barfuß im Park“, „Sweet Charity“ oder ein „Seltsames Paar“? Das sind Theaterstücke (und Filme) aus der Feder von Neil Simon, dem wunderbaren jüdisch-newyorkerischen Dramatiker, der vor ein paar Tagen gestorben ist.

Die letzten Vertreter eines besonderen Humors

Als ich die Nachricht gelesen habe, mußte ich unweigerlich an den Tod von Philipp Roth denken, über den ich ebenfalls hier an dieser Stelle geschrieben habe. Sie gehen nun dahin, die letzten großen jüdisch-amerikanischen Autoren, die nicht nur das amerikanische Judentum repräsentiert haben, sondern auch eine Form von Humor, die wir so nur aus der Diaspora kennen, weniger aus Israel. Seine Wurzeln hat dieser Humor im Jiddischen, selbst wenn Roth oder Simon oder andere gar nicht mehr auf Jiddisch schrieben oder diese Sprache konnten. Aber wenn überhaupt, dann hat sich dieser Witz in den USA am besten erhalten, da das osteuropäische Judentum einst dorthin ausgewandert ist und überlebt hat. Europas jüdische Geschichte ist bekannt und in Israel wurde alles Jiddische viele Jahre lang verachtet, weil es die Sprache des „Ghetto-Judentums“ war, das man überwinden wollte.

Ein Liebesdrama auf Jiddisch?

Als ich vor über dreißig Jahren über den Begründer des jiddischen Theaters, Abraham Goldfaden, gearbeitet habe, fand ich von ihm einen Brief oder einen Artikel, genau erinnere ich mich nicht mehr, in dem er auf den Vorwurf reagierte, daß er nur Komödien, Operetten und anderes seichtes und lustiges Zeug geschrieben habe. Er fragte in dem Brief, wie er denn etwa ein Liebesdrama hätte schreiben können. Wie würde das klingen, wenn der Liebhaber seiner Angebeteten auf Jiddisch erklären würde, daß ihm vor lauter Aufregung das Herz wie wild schlagen würde. Auf Jiddisch hätte er dann gesagt: „Dos harz kloppt mir!“ – und Goldfaden erklärte, das klänge auf Jiddisch doch so komisch, das würde doch niemand Ernst nehmen.

„In Schchite Stot“

Natürlich hatte Goldfaden nicht gänzlich recht. Die jiddische Literatur hat viele seriöse und schwermütige Dramen, Gedichte und Romane hervorgebracht. Das berühmte epische Gedicht „In Schchite-Stot“ („In der Stadt des Schlachtens“), in der das Pogrom von Kishinev beschrieben wird, ist so ein Beispiel.

Aber es stimmt schon, das Jiddische hat einen Humor entwickelt, der natürlich eine Form des „Überlebens“ bedeutete, denn die Juden, für die diese Sprache Muttersprache war, waren stets von Verfolgung und Ermordung bedroht. Dieser traurig-bittere, manchmal überdrehte Humor findet sich bei diesen amerikanischen Autoren wieder, selbst wenn sie auf Englisch schreiben. Und Woody Allen muß ich ja jetzt hier nicht auch noch erwähnen, um deutlich zu machen, welche Form des Humors ich meine.

Old Jews telling Jokes

Auf Youtube findet man unter dem Titel, „Old Jews telling Jokes“ https://g.co/kgs/aFyB4p eine herrliche Kompilation jüdischer Witze auf Englisch. Und manchmal sind es nicht die Witze, die hier wirklich schön anzuhören sind, sondern die Menschen, die sie erzählen. Und wie sie sie erzählen. Da klingt immer wieder an, was unwiederbringlich untergeht: eine einst große Kultur.

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