Heute morgen wurde ich vom Lärm von Kampfjets geweckt. Im ersten Moment dachte ich mir nichts außer: verdammt, ich will weiterschlafen. Doch dann war ich blitzartig wach. Kampfjets – das mag in Europa ein Geräusch sein, das einen nicht weiter tangiert. Aber in Tel Aviv? Sofort griff ich zum Handy, um Nachrichten zu hören. Aber nichts. Da war einfach nichts. Alles normal. Normal, wie es halt im Nahen Osten normal sein kann.
Die israelische Armee hat inzwischen den vierten Tunnel der Hizbollah im Norden entdeckt. Es werden wohl noch weitere folgen. Wir erfahren das hier in den Nachrichten immer scheibchenweise. So bleibt allen die „Gefahr aus dem Norden“ immer schön präsent. Und man kann die Bevölkerung darauf vorbereiten, daß vielleicht doch noch – in nicht allzuferner Zukunft – der Krieg mit der Hizbollah/dem Iran folgen wird. Inzwischen hat die UN eine Sitzung wg. der Hizbollah-Tunnel einberufen. Wahrscheinlich wird man das alles scharf verurteilen. Na prima. Jeder weiß, daß das nichts bringt und nichts bedeutet. Aber wahrscheinlich ist das auch nicht so wichtig. Netanyahu hat, was er braucht: Die Aufmerksamkeit der Welt auf ein Problem, das – wenn es zum Krieg kommen sollte – erklären wird, unter welchen schwierigen Bedingungen die israelische Armee dann vorzugehen hat. Es könnte ein „All-out-war“ sein, ein Krieg, der am Boden mit massiver Gewalt geführt werden muß in einem militärisch komplexen Gelände mit viel zu vielen Zivilisten und Waffen und Raketen überall.
Und dann erklärt Trump heute, der IS sei besiegt und man werde nun die US-Truppen aus Syrien abziehen. Für Israel ist das keine gute Nachricht, für Putin allerdings schon. Die Lage an der Nordgrenze Israels wird damit wahrscheinlich noch komplexer selbst wenn es nun wieder eine Annäherung zwischen Moskau und Jerusalem gibt. Nach einem Angriff der IAF vor einiger Zeit, bei der die syrische Luftabwehr ein russisches Flugzeug abgeschossen hat, hatte Russland Israel dafür verantwortlich gemacht und die Bewegungsfreiheit der israelischen Luftwaffe über Syrien eingeschränkt. Eine israelische Delegation war nun in Moskau und erklärte den Militärs dort, wie die Lage mitsamt Tunnel etc. ausschaut und daß Israel agieren müsse, um sich zu schützen. Angeblich habe man eine Übereinkunft gefunden, wie schon in den letzten Jahren auch jetzt wieder zusammenzuarbeiten.
Es war ein ganz normaler Tag in Tel Aviv, der nur etwas ungewöhnlich begann. Was die Kampfjets über Tel Aviv bedeutet haben? Keine Ahnung. Vielleicht einfach nur eine Übung, wer weiß…
3 Gedanken zu „Kampfjets über Tel Aviv?“
Kampfjets über Tel Aviv waren gestern… , und der Tag verlief normal, und jetzt heisst’s (via twitter) „This day might change policy of many countries in the ME to the worst. And fast. Very fast.“ … Fazit des heutigen Tages.
Das klingt nun anders als die pessimistischen Prognosen der Vergangenheit, schicksalhafter, realer, näher. Und nun? Wenn sich die politische Situation im Nahen Osten verschlechtert, dann ist die ganze Welt direkt mitbetroffen. Aber was bedeutet das? – Zum Beispiel, dass Juden in der Diaspora noch stärker unter Antisemitismus zu leiden haben werden, aber kann Israel weiterhin Zufluchtsort sein und bleiben? Oder steuern wir nun buchstäblich auf Armageddon zu?
Was ist nur los auf der Welt? Sie wirkt wie entfesselt.
Lieber Richard C. Schneider, ich verfolge schon seit Jahren Ihre Berichte aus Israel und freute mich auf einen angekündigten Besuch in unserer Stadt, der dann wegen Krankheit leider ausfiel. Da wollte ich Sie nämlich fragen ob die Bedrohung Israels durch Hamas, Hisbollah und Iran tatsächlich Hirngespinste von Herrn Netanyahu sind um an der Regierung zu bleiben, oder wie sind Ihre Sätze zu den 4 Tunneln etc. zu verstehen. Der iranische Präsident sprich doch ein passables Englisch wenn er seinen Vernichtungstiraden gegen Israel proklamiert. Man hat derartigen Ansagen schon einmal nicht geglaubt und das kam Ihre Glaubensgenossen teuer zu stehen.
US-Soldaten wären in einer möglicherweise unausweichlichen militärischen Auseinandersetzung zwischen Iran, Hizbollah, Syrien und Russland Kombattanten. Im israelischen Interesse mag das sein, aber die Interessen Israels sind nicht in jedem Fall die Interessen der übrigen Welt. Abgesehen davon würden die USA im Kriegsfall noch einmal die Rolle der sich neutral gebenden, vermittelnden Weltmacht spielen. Trump ist nicht so dumm, wie er immer dargestellt wird.