Wer derzeit aus dem Ausland nach Israel schaut, sieht in erster Linie das Impfwunder. Ich habe ja bereits darüber ausführlich geschrieben, wie perfekt das klappt. Aber darüber hinaus, herrscht im Land ein Chaos. Ok, das ist nicht neu, aber im Augenblick ist es schon ein bisserl viel Chaos. Wer sich in Deutschland gerade über die Politik beschwert, über das Durcheinander, das Nichtfunktionieren, über Termine für Schnelltests, die dann sofort zurückgenommen werden etc., der kann sich damit trösten, dass Israel noch chaotischer ist.
Hotels, Fussfesseln oder doch daheim?
Der Flughafen ist gesperrt. Seit dem 25. Januar bis, derzeit, zum 6. März. Was tun mit den wenigen, die doch einreisen? Zunächst hieß es: alle wieder ab in die staatliche geführten Corona-Hotels zur Quarantäne. Dann lief diese Frist aus, dann wurde sie verlängert. Jetzt wird über elektronische Fußfesseln debattiert, weil man dann ja nach Hause könnte, aber man so überprüfen kann, ob der Rückkehrer tatsächlich in Quarantäne bleibt. Das könnte juristische Probleme mit sich bringen. Also doch Hotels. Oder dann doch wieder x-Ausnahmen, denn viele gehen dennoch nach Hause, obwohl man ja eigentlich in die Hotels müsste. Oder dann doch Fußfesseln?
Ungesetzlich?
Tausende Israelis sind im Ausland gestrandet und kommen nicht nach Hause, seitdem der Flughafen dicht ist. Die Regierung hat gerade mal eine Vorlaufzeit von 24 Stunden gegeben, ehe Ben Gurion Airport dicht war. Es gab erst keine, dann aber doch einige „Rettungsflüge“. In Europa zumeist via Frankfurt. Doch viele kommen da nicht hin. Haben kein Geld, auch schon längst kein Visum für das Land, in dem sich befinden. Alles egal, Hauptsache der Flughafen ist dicht. Nun gibt es welche, die vermuten, die Israelis werden im Ausland gelassen, damit sie nicht wählen gehen können am 23. März. Der Generalstaatsanwalt schaltete sich ein. Das sei möglicherweise ungesetzlich und unzulässig. Wie’s weitergeht? Unklar. Flughafen ja noch dicht. Macht er auf? Und dann zu Pessach wieder zu (Feiertag Ende März – da wird sicher wieder zugemacht, weil man keine Touristen da haben will wg. Corona).
Zensur – aber jeder weiß Bescheid
Vor über einer Woche: Umweltkatastrophe. Öl und Teer zerstören die Strände in ganz Israel, Fauna und Flora sterben. Ein Schaden auf Jahre. Irgendein geheimnisvoller Tanker auf hoher See scheint das gewesen zu sein. Wer? Wie? Was? Plötzlich: Maulkorb und Zensur für die Presse. Man darf nichts berichten, was man schon irgendwie recherchiert hat. Israelische Verwicklungen in die Umweltkatastrophe? In den letzten Tagen habe ich von mindestens 4 Seiten bereits dasselbe gehört. Wer tatsächlich dahinter steckt. Aber: „gag order“. Wird dann irgendwann wohl auch aufgehoben werden, dann doch alles öffentlich. Obwohl es eh schon jeder weiß.
Partyverbot – let’s Party
Im Augenblick ist das Purimfest. Darum hat die Regierung beschlossen, drei Nächte lang eine Ausgangssperre zu verfügen. Donnerstag, Freitag und Samstagnacht jeweils von 20.30 bis 5 Uhr. Ok. Nachvollziehbar. Man will Partys vermeiden. Richtig so. Gestern Nachmittag: Einfahrtstrassen von Jaffa abgesperrt von der Polizei. Warum? „Zuviel Menschen“, sagt mir ein Polizist, lässig an sein Auto gelehnt. Ich muss zu Fuss nach Hause gehen. Auto stehen lassen. Kein Durchkommen. Gehe durch den Flohmarkt. Da ist: Party. Tausende Jugendliche feiern. Verkleidet, viel Alkohol, laute Musik, der Geruch von Gras und Haschisch hängt in der Luft. Versammlungsverbot? Polizist: „Was willst du machen, darum haben wir die Straßen abgesperrt, damit es nicht noch mehr werden!“ Aha. Aber klar, es ist ja erst 18 Uhr und es noch nicht 20.30. Virus kann – das wissen wir ja – erst ab 20.30 gefährlich werden. Egal, Party findet unter freiem Himmel statt, alles gut. Oder doch nicht? Naja. Aber bald ist Ausgangssperre. Alles gut. Politik in Aktion. Prima.
So könnte ich immer weiter erzählen. Ein bisserl viel Chaos, nicht wahr? Was ist dagegen die Terminverschiebung von Herrn Spahn? Pah! Darüber kann man in Israel nur schmunzeln. Nicht einmal das bekommen die Deutschen hin: richtiges Chaos. Auch da sind Israelis besser. Viel, viel besser! (Achtung: Ironie!).
6 Gedanken zu „A bisserl viel Chaos“
Weißt du was ich an dir klasse finde? Du verlierst nie deinen Humor Klasse! Ich musste richtig laut lachen, als ich deine Zeilen gelesen habe. Und dies ist in der heutigen Zeit doch auch schon was Weiter so und ganz liebe Grüße aus München
Was würde wohl das kleine Mädchen im Weltspiegel extra aus Gaza sagen, das gerne Medizin studieren würde und nun aber Angst davor hat, vorher zu sterben https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/weltspiegel-4320.html wenn es ihre ewigen Klagen über Antisemitismus in Deutschland lesen müsste? Würde es vielleicht glauben, dass Sie Ihr eigenes schlechtes Gewissen, ein Land wie Israel als ihre Wahlheimat erkoren zu haben, damit beruhigen, gegen den Rassismus in Deutschland vorzugehen, statt den viel gravierenderen in ihrer Wahlheimat zu bekämpfen? Wie viel leichter ist es doch immer, den Rassismus andere zu beklagen und zu bekämpfen, als gegen den der eigenen Leute vorzugehen, betrifft der doch immer andere, statt einen selbst. Wann haben Sie sich denn zum letzten Mal für die Rechte der Palästinenser in Ihrer Wahlheimat massiv eingesetzt, wenn sie es je getan haben?
Wäre es nicht sinnvoller, satt einem Film über Antisemitismus in Deutschland einen Film über jüdisches Leben in Deutschland zu drehen? Einen, der nicht nur die Probleme der Juden in Deutschland aufzeigt, sondern vielmehr dem Zuschauer statt dessen ihre Kultur vermittelt, soweit sie sich inzwischen überhaupt noch von der deutschen unterscheidet? Glauben Sie nicht, dass ein solcher Film mehr Sympathien gegenüber den Juden wecken würde, als einer, der wie so viele Ihrer Blogbeiträge zu diesem Thema, nur mit erhobenem Zeigefinger daher kommt und lediglich erreicht, dass sich der ursprünglich geneigte Leser entnervt abwendet? Ich denke ein Buch wie Noah Gordons „Medicus“, in dem verwoben in eine spannende Geschichte ganz nebenbei die jüdische Kultur und ihre Problem vermittelt werden, weckt mehr Verständnis für die Juden als alle mahnenden Beiträge und Veranstaltungen zusammen. Ein Buch das übrigens interessanterweise in Deutschland und Spanien ein Bestseller wurde, nicht dagegen im englischsprachigen Raum und das obwohl der Autor amerikanischer Jude ist. Wie viele Zuschauer der Tagesschau, in der gelegentlich der Vorsitzende des Zentralrates der Juden wieder drei Sätze gegen Antisemitismus einbringen darf, wissen denn überhaupt, was die jüdische Kultur auszeichnet? Das einzige, was sie von ihen stets mitbekommen, ist diese ewige Anklage. Ist es da verwunderlich, dass diese Auftritte des Vorsitzenden ähnlich negative Assoziationen wecken, wie die Vorsitzenden des Vertriebenenverbandes: Nämlich als ewig gestrige Nörgelfritzen. Und außerdem lehnt man ja am ehesten das ab, was man nicht kennt und versteht. Oder eben Leute, die stets an einem herumnörgeln. Auch Sie werden Menschen, die sie ständig auf ihre Fehler und Schwächen hinweisen keine besondere Sympathie entgegenbringen.
Bei der Sterbebegleitung ist Ranga Yogeshwar an Ihrer Seite. Er gibt in der Sendung „Letzte Hilfe: Was wir übers Sterben wissen“ Tipps, wie man Sterbenden helfen kann. https://www.ardmediathek.de/video/quarks/letzte-hilfe-was-wir-uebers-sterben-wissen/wdr-fernsehen/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLWQ3ZDZlMDk4LWNiYmUtNDA1ZS1hZGVjLTliYjJmMGUzZTQ2ZA/
Zu Ihrem Artikel in libmod zum Pegasus Skandal: Ich frage mich immer wieder, wenn ich Ihre Argumente zur Verteidigung von Israels Verhalten lese, welche Argumente würden Sie wohl aufbringen, wenn Sie zufälligerweise nicht als Jude, sondern als Sohn eines Nazis auf die Welt gekommen wären. Würden Sie dann auch alle möglichen Argumente aufbringen, um das verhalten Deutschland zur Nazizeit zu verteidigen? Ich fände, das wäre mal ein interessantes Gedankenexperiment für Sie. Eltern kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen.
Klar ist Moral oft nicht so leicht umzusetzen, wie man sich das wünschen würde. Aber Ihren Blick auf Deutschland mildert diese Tatsache nicht. Ich denke die Menschheit profitiert mehr von Menschen wie Uri jeremias, die in ihrem Alltag versuchen Brücken zwischen den Menschen zu bauen und die sich so schnell nicht von ihrem positiven Kurs abbringen lassen. Er ist für mich ein wahrer, modernen Held. https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/israel-aussoehnung-durch-begegnung-100.html
Karen Schönwälder vom Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften berichtet im Podcast „Ach Mensch“ darüber, wie die Deutschen zu Diversität stehen:
https://www.mpg.de/17304833/karen-schoenwaelder-ueber-diversitaet?c=2191
Sie kommt zu dem Ergebnis, dass zwei Drittel bis drei Viertel der Deutschen Zuwanderern gegenüber positiv eingestellt sind und sie als Bereicherung empfinden. Die neue Rechte verzerrt diese Bild, weil sie inzwischen sehr laut geworden ist. Ihre Zahl ist aber dennoch vergleichsweise gering.